Von Ulf Krone.
2018 war ich zu Gast bei der Neuen Wohnraumhilfe anlässlich des Starts des Projekts „Wir brauchen dein VITAMIN B“ (siehe WIR 275), das Menschen bei der Suche nach bezahlbarem Wohnraum unter die Arme greift. Fünf Jahre später ist es nun Zeit, bei Susanne Bluhm-Janßen und Azza Seferian von der Neuen Wohnraumhilfe einmal nachzufragen, ob das Vitamin B auch gewirkt hat. Unser Foto zeigt das Team der Neuen Wohnraumhilfe mit Susanne Bluhm-Janßen (3.v.l.) und Azza Seferian (3.v.r.).
Seit Fünf Jahren gibt es inzwischen das Projekt „Wir brauchen dein Vitamin B“ zur Wohnungssuche im Kreis Groß-Gerau. Erläutern Sie bitte noch einmal kurz, was es damit auf sich hat!
Susanne Bluhm-Janßen: Das Projekt „Wir brauchen dein VITAMIN B“ wurde im Auftrag des Kreises ins Leben gerufen, um bezahlbaren Wohnraum für wohnungslose und geflüchtete Menschen zu akquirieren und zu vermitteln. Das innovative Konzept setzt dabei auf die Bedeutung von Beziehungen (VITAMIN B) und arbeitet eng mit relevanten Beteiligten im Kreis zusammen. Der Zugang zu einer eigenen Wohnung erfolgt oft über Beziehungen, ein Privileg, das Menschen in schwierigen Lebenssituationen oft verwehrt bleibt. Das Projekt schließt diese Lücke, indem es nicht nur Wohnraum vermittelt, sondern auch aktiv Beziehungen zwischen Wohnungssuchenden und Vermieter/innen herstellt. Neben einer öffentlichkeitswirksamen Kampagne hat VITAMIN B sich auch durch langfristige begleitende Unterstützung, aktive Wohnungsakquise sowie Beratungsgespräche, Coachings und Schulungen zum Thema Wohnungssuche profiliert. Das Projekt begleitet nicht nur Menschen in ein neues Zuhause, sondern fördert auch die aktive Integration von wohnungslosen und geflüchteten Menschen in die Gesellschaft und rückt dabei die Dringlichkeit des bezahlbaren Wohnraums in den Fokus.
Wie fällt Ihr Fazit der ersten fünf Jahre aus? Wirkt „Vitamin B“?
Susanne Bluhm-Janßen: Das Fazit der ersten fünf Jahre des Projekts „Wir brauchen dein VITAMIN B“ ist äußerst positiv. Das Projekt hat sich als erfolgreich erwiesen und eine bedeutende Rolle dabei gespielt, bezahlbaren Wohnraum für Menschen in Wohnungsnot im Kreis zu schaffen. Die Zahl von über 300 vermittelten Personen in weit über 100 Wohnungen seit dem Start des Projekts im Jahr 2018 unterstreicht die Wirksamkeit des innovativen Ansatzes, der auf dem Prinzip von Beziehungen basiert. Das Projekt VITAMIN B hat nicht nur quantifizierbare Erfolge erzielt, sondern auch eine breite öffentliche Aufmerksamkeit auf das drängende Thema bezahlbarer Wohnraum gelenkt, was sich unter anderem durch die Präsenz des Projekts in den sozialen Medien mit insgesamt über 1.000 Followern auf Facebook und Instagram zeigt.
VITAMIN B leistet nicht nur konkrete Hilfe für Menschen in Wohnungsnot, sondern schafft eine Plattform, die das Bewusstsein für die Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt schärft. Es ist nicht nur ein lokales Projekt, sondern eine echte Erfolgsgeschichte, die als Beispiel für innovative Ansätze in der Wohnungssuche dienen kann. Wir werden immer wieder auch überregional angefragt, um VITAMIN B vorzustellen. So möchten wir das Konzept und den positiven Einfluss auf die Gemeinschaft teilen und zeigen, wie innovative Ansätze und kreative Ideen, selbst auf einem angespannten Wohnungsmarkt, erfolgreich sein können.
Hat sich an der prekären Situation für Wohnungssuchende seither etwas verändert? Die Flüchtlingsproblematik beispielsweise hat sich durch den Ukraine-Krieg ja noch einmal drastisch verschärft.
Azza Seferian: Es ist schwierig, eine allgemeine Aussage zur Veränderung der prekären Situation für Wohnungssuchende zu machen. Unsere Erfahrung ist, dass VITAMIN B positive Veränderungen in der Wahrnehmung Menschen in Wohnungsnotlagen bewirkt hat. Durch die Vermittlung stabiler Mietverhältnisse und deren langfristige Begleitung fördert VITAMIN B insgesamt die gelungene Integration der neuen Mietparteien in die neue Nachbarschaft und den Wohnort.
Sie verfolgen die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt und sind dicht dran an den Menschen, die nach Wohnraum suchen. Wie fällt diesbezüglich Ihre Prognose für die Zukunft aus?
Azza Seferian: Die Prognose für die Zukunft des Wohnungsmarkts ist abhängig von einer Vielzahl von Faktoren, hierzu zählen beispielsweise wirtschaftliche Entwicklungen, Bevölkerungszuwachs oder auch politische Maßnahmen. In vielen Regionen wird die Nachfrage nach Wohnraum voraussichtlich weiter steigen. Daher ist die Ergreifung von zielführenden Maßnahmen zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ein drängendes und gesamtgesellschaftliches Thema. Innovative Ansätze wie VITAMIN B zeigen, wie neue Wege und Ideen diesen Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt erfolgreich begegnen können.